Donnerstag, 4. September 2008

Der Einheimische und wir! :)

Auf vielfachen Wunsch gibt es nun einen Eintrag zu der Frage, wie denn so unser Zusammenleben mit den Einheimischen funktioniert. Vorweg koennen die folgenden Ausfuehrungen stark verallgemeinerte Tendenzen annehmen, die natuerlich lediglich auf unsere bescheidenen Beobachtungen zurueckzufuehren sind und eventuell auch, der Lesbarkeit wegen, leicht humoristische Zuege enthalten. Das muss ich schreiben, es lesen ja schliesslich auch einige hoechst sensible Soziologen mit. :)
Nun aber los. Fangen wir mit dem Russen und uns an. Das war natuerlich eine Sache fuer sich und haette einen ganzen eigenen Eintrag verdient. Um es aber kurz zusammenzufassen, haben sich die von mir waehrend meines Auslandssemesters gesammelten Eindruecke groesstenteils bestaetigt, sodass man von einem zwiespaeltigen Verhaeltnis, dass man am ehesten noch als Hass-Liebe bezeichnen kann, sprechen muss. Zum einen haben wir dort die unglaublich emotionale, herzliche Gastfreundschaft erlebt, die wir fern von jedwedem Eigennutz und mit einer kaum darstellbaren Bescheidenheit in Petersburg in Anspruch nehmen konnten. Von diesen Eindruecken dort sind wir immer noch unglaublich begeistert und koennen sie kaum verarbeiten! Dieses Bild bietet sich einem, wenn es einem gelingt ins Private zu kommen und den Russen zuhause zu erleben. Ein voellig gegensaetzliches Bild ist das, was man in der Oeffentlichkeit erleben und ueber sich ergehen lassen muss. Unglaublich unfreundliche, kalte und wenig hilfsbereite Menschen, mit denen man vor allem in Kontakt kommt, wenn man irgend etwas kaufen moechte. Und in Russland muss man fuer viel mehr Dinge in persoenlichen Kontakt kommen, als in Deutschland, wo viele Dinge per Automat oder per Internet funktionieren. Diese Unfreundlichkeit der meist aelteren Verkaeuferinnen, die diese Stellen besetzen, konnten wir uns bislang zum einen durch eine komplett fehlende Ausbildung fuer solche Berufe erklaeren. Zum anderen ist es wohl auch durch ein unglaublich verbreitetes Misstrauen jedem gegenueber, den man nicht kennt zu erklaeren, der durch die jahrzentelange Geschichte in der Sowjetunion zu begruenden ist... Das fuehrt aber vielleicht zu weit...
In der Ukraine hatten wir dann nicht mehr das Glueck privat bei Freunden zu uebernachten und so direkt Zugang zu deren Freundeskreisen zu besitzen. Dennoch gelang es uns das ein oder andere Mal tolle Einblicke zu erlangen und schoene Begegnungen zu erleben. Da faellt mir zum Beispiel die grossartige Freundlichkeit in den Restaurants Kiews ein, die uns unglaublich freundlich als Gaeste ihres Landes behandelten und am Ende nach unserem mehrfachen Besuch auch noch beschenkten mit Andenken. Hier empfanden wir die Menschen durchweg als ein wenig freundlicher als in Russland, jedoch eher als Russland light-Version und noch keineswegs mit dem Der-Kunde-ist-Koenig-Bewusstsein, wie wir es aus Deutschland kennen. Gluecklicherweise kamen wir hervorragend mit meinem Russisch durch und hatten so die Gelegenheit deutlich mehr mitzubekommen, als wir es nun in Rumaenien tun. Das ist leider wirklich ein wenig aergerlich und stimmt mich haeufig unzufrieden. In den, zugegeben, sehr armen Regionen Rumaeniens, die wir bislang bereisten hatten wir doch groessere Probleme mit Englisch durchzukommen. Da wir Rumaenisch beinahe gar nicht beherrschen entstehen haeufiger, als ich dachte, unangenehme Situationen, in denen die Verstaendigung nicht funktioniert. Wenn wir aber an englischsprachige Rumaenen geraten, machen wir vor allem tolle Erfahrungen. So z.B. gestern bei unserem Ausflug zu den Kloestern der suedlichen Bukovina, wo wir uns gerade befinden, der mit einnehmender Freundlichkeit uns sein Land und diese Region naeher bringen wollte. Oder auch in dem bemerkenswerten Hostel, in dem wir hier in Suceava uebernachten. Es wird von Monica, einer Rumaenin gefuehrt, die ihr Haus mit Backpackern teilt, sodass man auf sehr engem Raum zusammenwohnt. Sie kocht staendig rumaenische Gerichte, die probiert werden muessen und begeistert auch sonst mit wahnsinniger Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit. Ihr konnten wir einige Fragen, die wir im Laufe unserer Zeit hier in Rumaenien gesammelt haben stellen und bekamen auch erste Antworten - Dauerthema natuerlich der wahnsinnige Wandel, der sich hier in Rumaenien in den letzten 10 Jahren durch die Orientierung Richtung Westen abgespielt hat und seine Folgen fuer die Menschen. Ihr Fazit: Sie ist gegen Rumaenien in der EU. Sie glaubt, Rumaenien haette es auch aus eigener Kraft geschafft. Durch die zahlreichen Beschraenkungen und Regeln der EU wuerde zu viel erschwert und Traditionen zerstoert... Das nur nebenbei...
Insgesamt muss man aber auch ein schwierigeres Thema erwaehnen, wenn man von Kontakt mit Einheimischen spricht. Hier in Rumaenien werden wir auffaellig haeufig angebettelt, was mittlerweile wirklich ein unangenehmes Ausmass annimmt und bedenklich stimmt. In Russland und der Ukraine kam es zu solchen Situationen hoechst selten, was sicherlich gesellschaftliche Gruende hat. Gestern wurden wir zum Beispiel bestimmt 4 oder 5 Mal bewusst und persoenlich angebettelt, sodass Leute auf uns zukamen. Teilweise waren es Kinder, teilweise Alte, Maenner wie Frauen, teilweise auch beim Essen. Leider koennen wir das ueberhaupt nicht einordnen und bewerten, was dazu fuehrt, dass wir ein wenig die Offenheit verlieren uf Fremde zuzugehen und vor allem diesen fuer alle Seiten extrem unangenehmen Situationen aus dem Weg gehen wollen. Das empfinde ich als sehr schade... Ein letztes Wort moechte ich noch ueber die Sinti und Roma verlieren, deren Situation hier, wie es uns erscheint, katastrophal sein muss. Sie begegnen uns eigentlich ausschliesslich auf der Strasse streunend und bettelnd. Da scheint es ein Riesenproblem zu geben in dieser Gesellschaft bzgl. der Integration.
Wir muessen jetzt leider weiter, deswegen muss ich an dieser Stelle schluss machen. Seht es als Einblick der Eindruecke, die wir sammeln. Es sind uebrigens zu grossen Teilen unsere gemeinsamen Eindruecke, da wir uns natuerlich regelmaessig darueber austauschen.
Ganz kurz noch wie es weitergeht: Wir fahren jetzt nach Chernivtsi. Das liegt wieder in der Ukraine. Warum wir dahin fahren hat vor allem einen ganz schoen doofen Grund. Wir haben noch viel zu viel ukrainisches Geld, das wir abgehoben haben nach unserem Geldfiasko. Da sich der Rumaene und der Ukrainer nicht sonderlich moegen, kann man tatsaechlich nirgendswo in Rumaenien ukrainisches Geld umtauschen. Auch sonst besteht kaum Interesse aneinander, kaum Handel und es gibt tatsaechlich nur einen offiziellen Grenzuebergang der beiden Laender obwohl sie tatsaechlich locker 500 km(!!!) Grenze teilen... Wahnsinn!!
So oder so, da wo wir hinfahren ist es traumhaft schoen, und urspruenglich wollten wir sowieso dort hin, sodass es wirklich nicht schlimm ist... mehr von da! Wir muessen nun wirklich los!

3 Kommentare:

bulu hat gesagt…

ay... danke! auch für den titel ;-)
und interessant, dass die kontaktarten nach nationalitäten unterschieden sind... ;-) und das meine ich nicht nur bissig.
gerade die frage des umgangs mit dem angebettelt werden, wenn man es nicht einzuordnen weiß, finde ich total spannend. da stößt das bedingungslose geben wollen bei mir z.T. auch an seine grenzen, wenn es bspw. von ihren eltern ausgesandte kinder sind... tricky, tricky
weiterhin alles Gute wünschend für den weg in die ukraine!
salut!

david

Anonym hat gesagt…

hmm, 500 km Grenze, das sind etwa 2/3 der Grenze zwischen Deutschland und Österreich und wie das klappt, wissen wir ja auch alle :-)

Was heißt hier außerdem "nur verallgemeinernde Beobachtungen"? Ich will Pauschalisierungen, fröhliche Beleidigungen und dreckige Anekdoten, jawoll! Sonst kann ich mir ja auch meinen Scholl-Latour schnappen.

Liebe Leute, das sind weiterhin spannende Berichte und ich kann es nur wiederholen, dass es schön ist, Euch so ein wenig folgen zu können.
Beste Grüße, der Krischi.

Anonym hat gesagt…

Jetzt ist's auch mal gut mit der ganzen Differenziererei. DER Russe ist unfreundlich, DER Ukrainer weniger und DER Rumäne bettelt. So.

Nein, nur ein Spaß, man kann ja auch bei einer noch so langen Reise nur das wiedergeben was man selber erlebt. Elende Hermeneutik die.

Übrigens halte ich das Argument der kommunistischen Sozialisation im Bezug auf die unfreundlichen Verkäufer/innen durchaus für zulässig. Da spreche ich aus Erfahrung... Ich bin als Kind sehr ungern einkaufen gegangen, das kann ich Euch sagen...

Aber beim Essen angebettelt werden, tsiss... da kennen die nix.

Nun gut, viel Spaß beim Griwnjaverprassen.

der Kasi