Montag, 1. September 2008

das Abenteuer Donaudelta

Die Tage am Donaudelta waren wirklich bislang das aufregendste, was wir zu bewaeltigen hatten. Dieser kleine nette Ausflug verlief doch recht ueberraschend fuer uns und wir kamen in Situationen, die wir so nicht erwartet hatten. Vorab: An alle Eltern, Grosseltern und sonstige sorgende “Signifikante Andere”: Es hoert sich vielleicht schlimmer an, als es war – es ist alles gut!!! :) Aber der Reihe nach: Wir waren in Odessa am Samstag und fuhren mit dem Kleinbus ins Donaudelta mit 2 Zielen: Zum Einen um das riesige Naturschauspiel in dieser Region mit einer kleinen Schiffsfahrt zu bestaunen und aus naechster Naehe zu sehen und zum anderen um in der Region irgendwo die Grenze nach Rumaenien zu ueberqueren, die dort ueber knapp 100km an der Donau entlang fuehrt. Unser erstes Ziel von Odessa aus war das kleine 11000 Einwohner zaehlende Fischerdorf Vylkovo, das in unserem Reisefuehrer als Klein-Venedig angepriesen wurde und von wo aus die Donautouren deutlich billger als im angrenzenden Rumaenien sein sollten. Nach vier Stunden Fahrt dort angekommen waren wir zunaechst gluecklich, dass unsere “Hotel”-Buchung erfolgreich war und wir ein recht schoenes Doppelzimmer beziehen konnten. Bis dahin also erstmal alles gut, abgesehen davon, dass uns der Busfahrer, der uns dorthin brachte ein wenig schraeg anschaute, als wir ihn fragten, ob von Vylkovo aus auch Busse nach Rumaenien fahren wuerde. Man hatte den Eindruck, er hatte noch nie etwas von Rumaenien gehoert... Spaeter sollte sich herausstellen, dass die Grenze zwischen diesen beiden Laendern tatsaechlich ganz schoen dicht ist und zwei verschiedene Welten trennt, die kaum miteinander in Kontakt stehen. Aber zurueck zu uns dort...Unser erstes Ziel in Vylkovo war es dann uns eine Bootstour zu organisieren. Es gibt da zum einen von “Reiseveranstaltern” gefuehrte Touren und zum anderen waren wir ueberzeugt, muesste uns doch auch ein Fischer mit seinem Boot ein Stueckchen mitnehmen koennen, was sicherlich aufregender und billger waere. Naja, die Reiseveranstalter fanden wir muehsam einen nach dem anderen, die Preise, die sie fuer die Bootsmiete vorschlugen entsprachen jedoch mal ueberhaupt nicht denen, die in unserem (aktuellen!) Reisefuehrer standen und bewegten sich im Bereich von 35 Euro pro Stunde. Das war dann doch recht happig. Also versuchten wir die leute im Dorf anzuquatschen und herauszufinden, ob auch noch ueber andere Wege etwas moeglich waer. Das funktionierte natuerlich recht gut und man kannte sich im Dorf natuerlich und wusste, wer sowas machen wuerde. Leider waren die Preise nur geringfuegig geringer mit 30 Euro die Stunde, was uns ein wenig komisch vorkam, wenn man bedenkt, dass wir dort in einer der aermsten Regionen Europas waren, wo das Monatseinkommen nicht sonderlich viel hoeher liegen sollte als, das was fuer eine Halbtagsbootstour ausgeben wuerden. Wir fragten also weiter und freundeten uns immer mehr mit dem Gedanken an fuer 2 Stunden so viel Geld auszugeben. Also checkten wir mal unsere Geldboersen, um zu schauen, wieviel Geld wir ueberhaupt dabei hatten. Da gabs dann einen kleinen Schock! Es waren umgerechnet rund 11 Euro! Das stellte uns vor so einige Fragen und Probleme: Wo war das Geld, dass wir am Vorabend abgehoben hatten? Und vor allem, wo bekommen wir nun Geld her? Zuerst zum ersten Problem, dass und wirklich sehr intensiv beschaeftigte und auf das es eigentlich nur eine Antwort geben kann. Es (hoechstens umgerechnet 10 Euro) muss rausgefallen sein, als wir auf dem Markt waren. Diese Variante ist zwar hoechst unwahrschenlich, aber alles andere ist noch unwahrscheinlicher, da wir in den ueberschaubaren in Frage kommenden 12 Stunden kaum Geld ausgaben und es eigentlich keine Situation gab, die etwas haarig war. Die Option Diebstahl schliessen wir beinahe 100%ig aus... Letztendlich muessig darueber nachzudenken, warum es weg war – es galt nun mit der neuen Situation umzugehen. Also Geld besorgen. Also gingen wir mal wieder – mittlerweile wohl das 3. Mal – die wenigen Strassen des Dorfes hoch und runter und fragten die Leute, ob und wo es denn einen Bankomaten hier gaebe, wohlwissend und immer mehr befuerchtend, dass die Chance auf solch ein urbanes Geraet wohl recht klein war. (Kurz nebenbei: Ein Bankomat ist nichts anderes als ein Geldautomat. Diese Dinger stehen hier wirklich ungelogen an jeder Ecke und eignetlich auch in jedem Kaff. Dort koennen wir uns mit unserer Kreditkarte kostenfrei Geld in der Landeswaehrung abheben, sodass das Thema Bargeldbestand eigentlich nie ein Problem war.) Naja, es gab tatsaechlich keinen bankomaten in diesem Dorf, nur eine kleine Bank, die aber am Samstagnachmittag schon laengst geschlossen hatte. Ein Taxifahrer bot uns an uns 40km ins etwas groessere Dorf zu fahren, wo es wohl einen Bankomaten gaebe. Diese Variante haette uns aber all unsere verbliebenen 11 Euro geraubt und das war uns – auch zu recht – zu risikoreich! Nach diesem Tiefschlag hatten wir natuerlich laengst die tuere Bootstour abgeschrieben und es ging eher darum, wie wir unser verbliebenes Geld am effektivsten und kluegsten einsetzten koennten. Erste Prioritaet hatte dabei bloss wieder aus diesem Dorf rauszukommen. Also ging unser naechster Gang mal wieder zum “Busbahnhof”. Dort erfuhren wir, dass es zwei Busse taeglich aus dem Dorf in die etwas groessere Stadt Ismael gibt. Einen um 5:30 und einen um 13:15. Wir reservierten also eine Fahrt am naechsten Mittag (Reservierung kostete 30 Cent) und erfuhren, dass uns die Fahrt rund 6,50 Euro unserer verbliebenen 11 Euro kosten wuerde. Dieses Geld legten wir schoen beiseite, damit wir es bloss nicht ausgeben und uns verrechnen. Die Tatsache, dass wir uns eine Fahrt aus dem Dorf, und damit unsere “Rettung” leisten konnten beruhigte uns schonmal sehr, auch wenn wir eigentlich doch recht gelassen waren fuer die Umstaende...

Als naechstes war jedoch nicht mehr zu ignorieren, dass wir an diesem Tag bislang kaum etwas gegessen hatten, sodass wir die zwei, drei Esskantinen des Dorfes abklapperten und hofften, dass sie Kreditkarten akzeptierten! Natuerlich – keine Chance! Also anders versorgen... Und als gaebe es nicht schon genug schlechte Nachrichten an diesem Tag war auch zunaechst in allen 6 kleinen Lebensmittellaedchen, die wir zunaechst abklapperten das Brot ausverkauft. Im allerletzten Laden der Strasse, kurz vor dem Wasser, gab es dann noch Brot. Ich kann euch sagen, ich habe mich selten so sehr ueber ein 18 Cent-Brot gefreut. Dazu war noch Butter und Ketchup im Budget... Also gingen wir auf unser Zimmer, schauten vorher noch an der Donau vorbei und machten uns eine gemuetliche und vor allem koestliche Brotzeit, die uns tatsaechlich ausreichend saettigte. Als haetten wir nicht schon genug Entschediungen an dem Tag treffen muessen, ueberlegten wir noch eine wetere Sache, naemlich, ob wir nicht den fruehen 5:30 Uhr Bus nehmen sollten, in der Hoffnung am folgenden Tag soweit wie moeglich unserem Ziel Rumaenien naeher zu kommen oder gar am naechsten Abend schon dort zu sein. Fuer diesen Bus hatten wir nun ja keine Plaetze reserviert, dennoch entschieden wir uns, am naechsten Morgen alle Sachen zu packen und es einfach zu versuchen noch mit dem Bus mitzukommen. In der Gewissheit eine aeusserst kurze Nacht und einen ausgesprochen anstrengenden Resietag vor uns zu haben, gingen wir recht frueh schlafen.Vorher legte ich mir noch recht aufwaendig meine russischen Saetze fuer den naechsten Morgen zurecht, damit die Hotelrezeptionistin uns auch wieder ins Hotel laesst, falls wir keinen Busplatz bekommen wuerden...

Der naechste Tag, der Sonntag, soviel sei vorab gesagt, war hingegen absolut erfolgreich. Beinahe alle Entscheidungen, die am Vortag schlecht fuer uns ausfielen, klappten diesmal ueberraschend und auch mit etwas Glueck! Aber auch hier mache ich es jetzt ein wenig ausfuehrlicher...

Wir standen also um kurz vor fuenf auf, packten schnell unsere Rucksaecke auf den Ruecken, ich las der Rezeptionistin (die da tatsaechlich die ganze Nacht sitzt!!!) meinen Text von meinem Zettel ab, sie stimmte zu und wir bekamen tatsaechlich noch zwei Plaetze in dem “Bus”. Keine 3 Stunden spaeter kamen wir komplett durchgeruettelt, aber mit dem traumhaften Sonnenaufgang belohnt in Ismael an – einer Stadt, die immerhin knapp 100000 Einwohner haben soll – wo auch immer, die alle waren... Hier fuehrte uns natuerlich der erste Weg zu einem Bankomaten, den es dort gottseidank gab! Ohne zu wissen in welchem Dorf und in welchem Land wir am Abend sein wuerden hoben wir diesmal einen grossen Betrag ab – wir lernen ja schliesslich aus Fehlern, auch wenn sich dieses Abheben noch raechen wird...

Wir hatten nun aber wieder Geld und goennten uns ein leckeres Blaetterteig Fruehstueck am Busbahnhof, an dem wir auch schon ein Ticket fuer die Wieterfahrt gegen 11 Uhr ins kleine Reni gekauft hatten. Man sagte mir, soweit ich es verstand, dass man von dort irgendwie nach Rumaenien kommen koennte. Also ging es dorthin. Wieder knapp 2 Stunden Fahrt, wieder ordentlich durchgeruettelt. Diesmal wurden wir aber mit idyllischen kleinen Doerfern belohnt und vor allem dem Donaudelta, an dem wir die gesamte Strecke entlangfuhren. Zahlreiche Kormorane, Schwaene, Storche und auch Pelikane konnten wir sehen und wurden so wenigstens ein bisschen fuer die fehlende Bootstour entschaedigt. In Reni angekommen gabs dann einen kleinen Rueckschlag. Hier sagte man uns, dass es keine Busse nach Rumaenien gaebe, sonderen dass man erst ins moldauische Cahul fahren muesse und von dort nach Rumaenien koenne. Also kauften wir zaehneknirschend auch diese Tickets. Die Tickets kosteten alle kleine Eurobetraege, die nicht der Rede wert waren, jedoch nervte es, dass wir immer andere Infos bekamen und wir mittlerweile 100km an der Grenze entlangfuhren und es einfach keinerlei Chance gab darueber zu kommen. Reni lag nun ganz nah an der rumaenischen Stadt Galati, die unser Ziel gewesen war, aber auch ganz nah an der Grenze zu Moldau. Den Umweg ueber Moldau wollten wir eigentlich auch schon alleine deshalb nicht machen, weil die Visabestimmungen unklar sind und uns im schlechstesten Fall nochmal 60 Dollar pro Person abgeknoepft werden koennten. Dann trauten wir unseren Augen nicht und ein weiterer sichtlich erschoepfter Backpacker betrat den Raum mit dem wir uns gleich verbruederten. Er hatte das gleiche Ziel und kannte eine andere Alternative, die kurzgesagt so aussah: Taxi – zu Fuss – Taxi und in knapp 2 Stunden in Galati sein. Das hoerte sich gut an und wir schlossen uns ihm an. Er hiess Ryan und kam aus New York. Zunaechst organisierten wir uns also ein Taxi zur Grenze. Keine 7 Minuten spaeter waren wir dort und hatten vom Taxifahrer in einem lustigen russisch-englisch-Mix unzaehlige Lobeshymnen auf den Mercedes gehoert, mit dem er uns fuhr. Die erste Grenze Ukraine – Moldau war kein Problem. Wie an allen weiteren Passkontrollen waren die Beamten jedesmal jedoch hoechst erfreut einen echten amerikanischen Pass in den Haenden zu halten. Nach dieser Grenze marschierten wir also los, knapp 2km durch Moldau um an die Grenze Moldau – Rumaenien zu gelangen und lernten uns ein wenig kennen. Er, 8 Wochen allein durch Osteuropa reisend und eigentlich Finanzwesenstudent auf Auszeit. An der 2. Grenze wurde es dann jedoch wieder etwas schwieriger. Diese Grenze durfte man naemlich nicht zu Fuss ueberqueren. Kaum als wir das erfuhren, oeffnete sich eine Autotuer der wartenden Autoschlange und wir sassen auch schon zu dritt mit unseren Riesenrucksaecken auf der Rueckbank des Kleinwagens. Unterhalten konnten wir uns nicht mit unseren “Schleusern”, das junge Paerchen machte auf uns aber einen hoechst sympathischen Eindruck. Sie boten direkt an, dass sie uns direkt bis in die Stadt Galati mitnehmen koennten, was uns sehr freute. Als wir dann recht problemlos auch diese Grenze ueberwunden hatten, wurde es etwas hektisch, da mehrere Plastiktueten mit Stangen Zigaretten in ein anderes Auto gepackt wurden und ohne Worte weitergefahren wurde. Sie hatten also offensichtlich auch durch uns profitiert, weil es keine Grenzuntersuchungen gab – wir nehmen an, weil wir im auto sassen, alle anderen wurden gefilzt. Nun gut eine klassische Win-Win-Situation mit der wir leben konnten. Gegen 15 Uhr in Galati angekommen trennten sich dann unsere Wege von denen Ryans und wir ueberlegten, was wir nun machen wuerden. Fest stand, Galati ist schrecklich haesslich und nicht sehenswert und eigentlich war der Tag noch jung. Wir entschieden uns gegen eine erneute Fahrt ins Donaudelta (diesmal aber natuerlich auf rumaenischer Seite!) und fuer eine Fahrt ins naechste anversierte Ziel, der Region Moldawien in Rumaenien. Gluecklicherweise fuhr ein sehr komfortabler Zug gegen 17 Uhr aus Galati nach Iasi, der Hauptstadt der Region, also kauften wir Tickets und freuten uns auf das entspannte und beinahe luxurioese Reisen. Diese Fahrt sollte auch nochmal knapp 5 Stunden dauern, aber sie hielt bezogen auf den Komfort was sie versprach. Gegen 21:30 Uhr erreichten wir dann Iasi, nahmen uns ein Taxi und fielen todmuede in unsere Hotelzimmerbetten, die wir per Handy aus dem Zug buchen konnten.




Hier nun die Fotos zu unserer Zeit am Donaudelta
Fotos von der Donau in Vylkovo, unserer Weiterreise von einem Busbahnhof zum naechsten, und unsere doppelte Grenzueberquerung zu Fuss mit einem lustigen New Yorker (erst Ukraine - Moldau, dann Moldau - Rumaenien) - ein Fest war das! ;)





















2 Kommentare:

bulu hat gesagt…

jeyyy!
der busbahnhof hat ja anscheinend einen tollen charme mit all den alten vehikeln. und das vermeintliche grenzbild weiß auch zu gefallen - auch wenn es bisher nur filmerinnerungen weckt ;-)
grosses bises - wenn man das auch in diesem zusammenhang verwenden kann, ohne mißverständnisse heraufzubeschwören! ich werde es herausfinden.

david

bulu hat gesagt…

wow, das abenteuer donau-delta - übrigens ein schöner sing-sang im titel, das hat flow ;-) - hab ich gerade erst entdeckt. und da sind ja schon tolle stories vom kontakt mit leuten unterwegs, besonders die win-win grenz-situation klingt skurril & nett.
machts gut, Ihr zwei!
greetz

bulu